Über das Selbstverständnis humanistischer Freimaurerinnen und Freimaurer
Freimaurerei ist "eine geistige Gesinnung, die im Benehmen sichtbar wird." Diese Formulierung von 1735 des Meisters vom Stuhl der Lodge of Friendship in London, Martin Clare, beschreibt sehr treffend die anzustrebende Haltung eines Freimaurers: seinen freimaurerischen Habitus.
Was einen Freimaurer, eine Freimaurerin auszeichnet, sind insbesondere die folgenden sechs Eigenschaften*:
- Die Fähigkeit zu Selbsterkenntnis, Selbstkritik und Demut
- Der Verzicht auf Selbstinszenierung und ungezügelten Narzissmus
- Die Abkehr von Rassismus, Nationalismus und völkischem Denken
- Das Streben nach Toleranz, Gelassenheit, Mitmenschlichkeit, Interesse füreinander, Offenheit und Gesprächsfähigkeit
- Die dynamische Balance zwischen der Fähigkeit, Konflikte auszutragen und der Bereitschaft, sie durch Versöhnung zu überwinden
- Das tätige Sich-Einsetzen für andere im Sinne von Hilfsbereitschaft und wirklich spürbarer Anteilnahme
In der Tradition von Humanismus und Aufklärung sind humanistische Logen ethisch orientierte, wertebasierte Gemeinschaften, deren Mitglieder in wertschätzendem zwischenmenschlichen Austausch und mittels jahrhundertealter symbolischer Rituale bemüht sind, Wege zu moralischem Handeln und Lebenssinn zu finden - über alle weltanschaulich-religiösen, politischen, nationalen und sozialen Grenzen hinweg. Ob Gläubige, Agnostiker oder Atheisten: Was einzig zählt, ist die Übereinstimmung mit den ethischen Werten der jeweiligen Logengemeinschaft.
* Hans-Hermann Höhmann „Nichts geht über das laut denken mit einem Freunde“, Salier Verlag, Leipzig, 2021